20.06.2019 | Tempodrom, Berlin
„Greatest Hits-Tour“
Die hier im Bericht gezeigten Fotos wurden privat aus dem Publikum gemacht.
Die professionell von mir erstellten Bilder gibt es exklusiv bei stagr.de.
Auch im Leben einer Konzertfotografin gibt es Momente, die extrem glücklich machen. So wie dieser Donnerstagabend in Berlin. Seit über 25 Jahren bin ich Fan von Take That. Live gesehen habe ich sie schon einige Male in Deutschland und England. Und nun hatte ich endlich die Chance bekommen, sie auch zu fotografieren. Hätte ich mit 11 oder 12 schon geahnt, dass es mich mal mit einer Kamera in die Gräben der Nation verschlagen würde, hätten Take That vermutlich schon damals ganz oben auf meiner Wunschliste gestanden. Was folgt ist also ein vielleicht nicht ganz objektiver Konzertbericht.
“Gibt es die wieder?”, “Gibt es die noch?” oder “Haben die auch neue Musik ? “bekomme ich oft zu hören. Sicher hätten die Wenigsten Anfang der 90er gedacht, als Take That mit einem Hit nach dem Anderen die Spitzen der Charts eroberten, dass sie 2019 immer noch auf der Bühne stehen und nun 30-Jähriges Bandjubiläum mit ihrer “Greatest Hits”-Tour feiern. Und das extrem erfolgreich. Eine treue Fan-Gemeinde im Rücken.
Nach dem Ausstieg von Robbie Williams 1995 machten Take That zu viert weiter. Nur ein Jahr später gaben sie dann auf einer Pressekonferenz ihre Trennung bekannt. Welten brachen damals zusammen, es wurden Notfall-Hotlines eingerichtet. Knapp 10 Jahre später feierten Gary Barlow, Mark Owen, Howard Donald und Jason Orange ihr Comeback. 2010/2011 stieß auch Robbie Williams noch einmal kurz dazu. 2015 verkündete Jason Orange seinen Ausstieg. Dass Take That seitdem auch zu dritt extrem gut funktionieren, bewiesen sie damals schon auf ihrer letzten Deutschlandtour.
Nun sind sie zurück mit ihrem Album “Odyssey”, auf welchem neben ein paar neuen Songs hauptsächlich neue Versionen ihrer bisherigen Hits zu finden sind. Die “Greatest Hits”-Tour, die Mitte April diesen Jahres startete, war in Großbritannien bereits ein voller Erfolg. Da wurden die großen Arenen und Stadien gefüllt, es gab eine riesige Show mit überdimensional großem Take That-Zeichen und Tänzern. Mehrere Abende hintereinander war die Manchester Arena, die für die Dauer der Konzerte in “Take That”-Arena umbenannt wurde, ausverkauft. Besonders eben Manchester und auch London ziehen Fans aus aller Welt an. Das Konzert aus Cardiff wurde europaweit in ausgewählte Kinos live übertragen. Seit einer Woche sind Take That auf dem europäischen Festland unterwegs. Hier finden die Konzerte mittlerweile in kleineren Locations statt. 2015 spielten sie noch im Berliner Velodrom, dieses Jahr im Tempodrom. Ausverkauft. Auch die Show selbst wurde im Vergleich zu den britischen Inseln reduziert: es gibt keine Tänzer, keine Kostümwechsel. Der Fokus liegt hier einzig und allein auf Gary, Mark und Howard, begleitet von einer Live-Band. Die drei Engländer überzeugen von der ersten Minute an.
Aber zuerst eröffnet der schwedische Musiker Brother Leo den Abend in Berlin. Seit seiner Teilnahme bei “Swedish Idol” 2005 ist der 33-Jährige erfolgreich unterwegs und hat vier Alben auf den Markt gebracht. Mehrere Veröffentlichungen wurden in Schweden mit Gold und sogar Platin ausgezeichnet. Nach einer halben Stunde verlässt er wieder die Bühne.
Als nach dem Umbau gegen 21 Uhr die Lichter im Saal aus- und auf der Bühne langsam angehen, ertönt das Intro von “Never Forget” und Gary, Mark und Howard betreten unter tosendem Applaus die Bühne des Tempodrom. Und schon ertönt ihr Hit “Greatest Day”. “Today this could be the greatest day of our lives” beginnt das Lied und für viele ist das wohl das schönste Motto, unter dem ein Konzert ihrer Lieblingsband eröffnet werden kann. Passend zum Deutschlandkonzert sind die drei Sänger in den Deutschlandfarben Schwarz, Rot und Gold (ok, Gelb) gekleidet. Howards rechtes Auge wird aufgrund einer Bindehautentzündung von einer schwarzen Augenklappe verdeckt.
Take That bringen einen Hit nach dem Anderen (“Shine”, “Get Ready For It”, “Giants”, “Patience”), sie geben alles auf der Bühne. Sie fühlen sich sichtlich wohl, sind auch ein wenig in Redelaune und verwandeln binnen kurzer Zeit das Tempodrom in eine riesige Sauna. Hier bleibt kein T-Shirt trocken. Generell spielen sie gern in Deutschland, wie sie immer wieder betonen. Hier wurden sie auch schon Anfang der 90er mit offenen Armen empfangen. Als Gary dann fragt “Remember the 90s?” tobt das Publikum und “Pray” wird angestimmt. Unter dem Jubel der Fans geben Take That dann auch noch ein paar ihrer alten Tanzbewegungen zum Besten. Es folgt ein Medley der frühen Hits. Es hält schon lange keinen Fan mehr auf seinem Stuhl. Gary sitzt am Piano, Mark hat die Gitarre umgeschnallt und Howard steht an der Trommel und so spielen sie “Everything Changes”, “It Only Takes A Minute” und “Could It be Magic”. Für “Babe” und “A Million Love Songs” sind dann Gary, Mark und Howard allein auf der Bühne, einzig von Garys Piano begleitet.
Die Hitze im Tempodrom steigt immer weiter und so ziehen Gary und Howard nach “Back For Good” ihre Jacken aus. Mark kommt, sehr zum Bedauern der weiblichen Fans, den Aufrufen nicht nach, er solle doch auch die Seine ausziehen. Nach den ruhigeren Songs wird es dann wieder tanzbar mit “Out Of Our Heads”. “Everlasting” wird von Mark mit “Das ist für euch” in Deutsch angekündigt. Es folgen “These Days” und “The Flood”. Bei “Cry” ist Durchdrehen angesagt. Es fliegt Konfetti, kein Fuß steht still. Wie auch, bei dieser Nummer? Bei dem Klassiker “Relight My Fire” wissen die Fans genau, wann sie was zu tun haben und Gary fordert sie auf mit einem “Berlin, you know what to do?” und so werden die Arme nach oben und unten geworfen.
Während des gesamten Konzertes suchen Take That die Nähe zu den Fans, kommen in den Graben zur ersten Reihe. Es gibt sogar Selfies mit den Fans. Die drei Musiker strahlen und winken um die Wette. Kurz vor Ende des Konzertes bedanken sie sich bei Ihrer Band, bei der Crew. Und – am Wichtigsten, wie Gary betont – bei Ihren Fans. Nach “Rule The World” bietet dann “Never Forget” den grandiosen Abschluss. Dieses Lied gehört für mich ans Ende jeder Take That-Show. Ich liebe diesen Moment, wenn wirklich der ganze Saal seine Arme hochreißt im Refrain, singt und klatscht. Das ist pure Freude. Unter noch tosenderem Applaus, als sie die Bühne betreten haben, verlassen Gary, Mark und Howard diese wieder nach anderthalb Stunden.
Und wie ich da so, zum ersten Mal an diesem Abend, auf meinem Platz sitze, durchgeschwitzt, glücklich, muss ich sagen: ich habe keine Minute die Tänzer vermisst, Kostümwechsel, “the big show”. Denn das, was Take That da in Berlin abgeliefert haben, war einfach großartig.
Die Bilder vom Hamburg-Konzert am 24.06. gibt es hier.